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Tom Burr - Paul

steirischer herbst '25
In Paul arbeitet Tom Burr mit Pier Paolo Pasolinis unverwirklichtem Film über das Leben des Apostels Paulus – ein 1966 verfasstes Drehbuch, das den Apostel nicht in Gewändern und Wüstensand, sondern im Trenchcoat und auf den Straßen der Stadt neu interpretiert, wie er durch die harten Geometrien von Paris, Rom, Genf und New York schreitet. Pasolinis Paulus ist ein Mann, der durch das Licht, die Offenbarung und die unerträgliche Last, zu viel und zu klar zu sehen, zerrissen wird. Burr greift diese Figur auf – nicht als Heiligen, sondern als Bruchlinie zwischen Unruhe und Sehnsucht, als Sehen, das sich gegen sich selbst wendet. Er deutet die berüchtigte Erblindung des Paulus auf dem Weg nach Damaskus um: nicht als göttliche Offenbarung, sondern als gewaltsames Losreißen – von Gewissheit, von staatlich sanktioniertem Glauben, von den geraden Linien der Macht. In Anlehnung an den unvollendeten Zustand des Films begreift Paul die Unvollständigkeit als schöpferische Methode, um überlieferte Fragmente und ungelöste Ideen in Bewegung zu setzen. Die Ausstellung bewohnt das Unvollendete: eine Form, die andere Formen einübt und in nachfolgende Iterationen, Anordnungen und Kontexte übertragen wird. Während der Entstehungsphase wird Burr gemeinsam mit dem Kurator der Ausstellung, Tom Engels, eine Publikation entwickeln, die die Ausstellung über ihre derzeitige Form hinaus erweitert und ihre nächsten Leben vorbereitet – weitere Mutationen von Paul, die sich mit jeder neuen Inszenierung verwandeln werden. In diesem Entfalten wird Paul zu einem zerbrochenen Spiegel, einem anhaltenden Ungehorsam, in dem das Niedergeschlagenwerden zugleich ein Neubeginn ist.

TOM BURR (geb. 1963, New Haven) ist ein Künstler, dessen OEuvre Skulptur, Collage, Fotografie und Schreiben umfasst. Ausgehend von den Formensprachen des Minimalismus und der Konzeptkunst und im Dialog mit den politischen Anliegen feministischer Kunst und Institutionskritik, verwebt Burr autobiografische Bezüge – insbesondere in Bezug auf Queerness und öffentlichen Raum – in seine Installationen. Seine Arbeit untersucht fortwährend, wie Körper sich durch Räume, Begehren und Kontrolle bewegen, und legt die Spannung zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit als persönliche wie politische Bedingung offen.Er zeigte Einzelausstellungen in Institutionen wie dem FRAC Champagne-Ardenne (Reims), dem Kunstmuseum Basel – Gegenwart, dem Musée cantonal des Beaux-Arts (Lausanne), dem SCAD Museum of Art (Savannah), der Secession (Wien), dem Wadsworth Atheneum Museum of Art (Hartford) und dem Whitney Museum of American Art (New York), und anderen. Burrs Arbeiten wurden zudem in bedeutenden internationalen Gruppenausstellungen präsentiert, darunter die Skulptur Projekte Münster (Deutschland), die Istanbul-Biennale und die Whitney-Biennale (New York). Seine Werke befinden sich in wichtigen öffentlichen Sammlungen weltweit, darunter das mumok (Wien), die Hamburger Kunsthalle (Hamburg), das Whitney Museum of American Art (New York City), das Ludwig Museum (Köln), das Hammer Museum (Los Angeles), das Baltimore Museum of Art und die New York Public Library.
Seine Texte wurden in mehreren Publikationen veröffentlicht, darunter die Monografien Tom Burr, Extrospective: Works 1994–2006 und Anthology: Writings, 1991–2015, beide herausgegeben von Florence Derieux. Eine kommende Publikation über The Torrington Project – Burrs Umwidmung einer Fabrik aus dem 19. Jahrhundert in Torrington, Connecticut, in einen Installations-, Studio- und Ausstellungsraum von 2021 bis 2024 – wird im Herbst 2025 bei Primary Information (New York) erscheinen.
Burr lebt und arbeitet in New York und Connecticut.
Termine
Eröffnung 19. September 2025, 18:00 - 21:00 Uhr
20. - 30. September 2025, Mi - So 12:00 - 18:00 Uhr
1. - 31. Oktober 2025, Mi - So 12:00 - 18:00 Uhr
1. - 23. November 2025, Mi - So 12:00 - 18:00 Uhr
Weitere Informationen
Eine Kooperation mit dem steirischen herbst ’25
(c) Foto: Tom Burr
Courtesy of the artist and Galerie Neu, Berlin / Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers und der Galerie Neu, Berlin.
Veranstaltungsort/Treffpunkt